Windstille ist erst Windstille, wenn man sie nicht mehr
hört, muss ich erfahren, als ich hinausgehe, um eine einsame Seilwinde auf dem
Feld zu interviewen. Das Ohr weiss wenig über Stille, der seichte Luftzug
hämmert erbarmungslos ins Mikrofon, egal aus welcher Richtung ich meine
Befragung starte. Nichts will gelingen. Es beginnt zu regnen. Ein paar gut
ausgerüstete Wanderer stehen am Anfang eines goldenen Pfads, sie fragen sich,
ob das nun die Initiative zur gerechteren Verteilung des Reichtums ist und
stützen sich schon mal auf ihre Raichle Stöcke ab. Das Vergnügen, dass sie sich
für heute vorgenommen haben, lastet schwer auf ihnen. Sie blicken hoch und
sehen eine viel versprechende Linie, eine Art englischer Wolkenumriss ist vom
Himmel gefallen, es ist immer etwas Gutes an der Gräue, sie blicken in die
Zeit, die vor ihnen liegt und ziehen sich gegenseitig an dicken Drahtseilen in
den Nebel hinein, dieser Ausflug wird sich lohnen, ob er will oder nicht. Mit
der Nasenspitze krieche ich bis ganz vor an die Steilwand und schaue, die
Innereien pulsieren erfreut. Eine Gondel voller kreischender Kinder schwebt ins
Tal, eine leere Gondel kreuzt sie auf halbem Weg, es funktioniere ja wohl nur so,
sagt der Operateur unter seinen Augenbrauen hervor, what goes up, must come
down, das sei ja nicht seine persönliche Weisheit, eher Physik, das könne man
ja wohl ohne Bedenken entgegennehmen. Es weht Misstrauen am Fahnenmasten, die
Hornusser halten es gegen Mitternacht nicht mehr aus, dieses
Plastikkunstplagiat, und hissen einen Jassteppich, wenigstens etwas Strammes,
wenn auch nicht die absolute Befriedigung des Nationalstolzes, what goes up,
must stay there, Prosit! Es gäbe schon schauderhafte Stagnationen, meint der
Operateur noch beiläufig, letzte Woche zum Beispiel seien fünfhundert in China
produzierte Kühe mit zusammengewachsenen Hinterbeinen beim Alpabzug in der
Steilwand stecken geblieben, kein Vor oder Zurück sei mehr möglich gewesen, das
sei dann wirklich verhockt. Und wenn’s dann drauf ankäme, wollen die Hersteller
nichts mehr damit zu tun haben, da wäre man halt dann schon besser bedient
gewesen mit dem heimischen Modell. Patriotisch sei das nicht, eher
praxisorientiert. Praktisch niemand trifft den Ton, wenn’s zum Chor kommt, man
tut es trotzdem.
Sarah Elan Müller
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