Freitag, 13. September 2013

HALB ALP - HALB ANGST 4

Der Tag braucht zwei Anläufe um mich von seinem Beginn zu überzeugen. Eine innere Hitze fängt mich, kaum lasse ich zu, dass ich sie bemerke, verlässt sie mich sofort und ich friere in kaltem Schweiss. Who cares? Am Abhang ist auf halber Höhe ein Haus aufgetaucht, weiss und flach, es sitzt gut wo es sitzt, aber drin sitzt niemand, das weiss man hier unten ganz intuitiv. Das Haus ist sich selbst genug. Es ist zufrieden mit seinem Volumen und ihm zieht kein Luftzug durch den hohlen Sinn. Wenn es doch bewohnbar sein müsste, hiesse das Verzicht, unverzeihlich, denn Reichhaltigkeit ist wichtig, ich bin bereits bei Briefen an Kafka, sag ja, sag ich versteh jetzt etwas, da sagst du: Es ist flach. Es ist wirklich und wahrhaftig nur eine Fläche. Ich falle meiner eigenen Häuslichkeit zum Opfer. Plustere mich schützend auf, die Kälte dringt zwischen die Daunen. Energien laufen zusammen, an der Knotenstelle gibt es eine Kollision mit einem Motorradfahrer. Er erschreckt sich zu Tode, normalerweise kennt er hier alles und braust unaufhaltsam zwischen den Felsblöcken hindurch, heute aber ist hier dieser Energieengpass, extra installiert weil extra ist immer ein guter Grund. Darauf hissen die jungen Leute im Berghotel eine Flagge aus ihrem Fleisch und Blut, ein Mortadella flattert im eisigen Wind und ist des Todes, sehr wahrscheinlich, della Morte. Randensalat. Betrachtung. Wünschen wir uns etwas Lustiges? Werde ich eines Tages blind sein? Verstaut in ein Nähkästchen, ein Plaudertäschchen, Schlafsack und Wärmebeutel, aus dem ich herausplappere… Das Private an der Arbeit geschieht hinter hochgeklappten Bildschirmen oder hinter Hügeln, im Nebel und unter Goretex Kapuzen, etwas tropft beharrlich auf meine taube Stirn, ich lausche diesen stillen Freuden der Leute. Ungarn ist weit weg. Fast alles ist weit weg. Die Kunst hat für diesen Platz bereits zu viele Handycaps, die Golfer schlagen ab – Zack ins Naturschutzgebiet, Ramseier, Mobiliar und Gastrosuisse umgehen den Zielkonflikt geschickt und lochen ein, direkt und ohne Umschweife, am Ort der Kraft. Nach einer Weile gewöhnen sich die Augen an die Topografie und man beginnt die Höhenlinien zu sehen. 

Sarah Elan Müller

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